Direkt zum Inhalt wechseln

Warum wir Kriege führen


Und wie wir sie beenden können

Cover des Buches
  • Buch
  • Blattman, Christopher
  • Ch. Links, 2023. - 544 Seiten

Gleich zu Beginn räumt Christopher Blattman mit Missverständnissen und verkürzten Sichtweisen auf: Ja – man müsse nicht lange suchen, um in jeder Weltregion einen schwelenden Konflikt, für jede Ursache einen entsprechenden Krieg zu finden. Doch führe diese Konzentration auf kriegerische Auseinandersetzungen mitsamt allzu offensichtlicher Kausalitäten und Teleologien doch dazu, die tatsächlich entscheidenden Dynamiken und Gründe aus dem Blick zu verlieren – denn Kriege seien eine Ausnahme und nicht die Regel: „Dass wir uns auf Misserfolge konzentrieren, ist eine Wirklichkeitsverzerrung durch selektive Wahrnehmung, ein logischer Fehler, für den wir alle anfällig sind. Er hat zwei entscheidende Konsequenzen. Zum einen halten wir Gewalt für verbreiteter, als sie ist. (…) Doch all die nicht ausgetragenen Konflike zu ignorieren, hat noch eine andere Konsequenz, die weitaus verhängnisvoller ist: Wir verstehen nicht, warum Kriege ausbrechen und welche Wege zum Frieden führen.“ Der vorliegende Band ist eine umfangreiche Darstellung langjähriger Konflikt- und Friedensforschung und gliedert sich in zwei schon im Titel angelegte Abschnitte. Im ersten beschäftigt sich der Politik- und Wirtschaftswissenschaftler mit den „Wurzeln des Krieges“ und identifiziert dabei fünf Mechanismen (u.a. Wahrnehmungsfehler und immaterielle, ideologische Gründe), die miteinander verschränkt oder auch jeder für sich das grundsätzliche Interesse an Frieden und Kompromissen untergraben können. Blattman wendet dabei ein breites Verständnis des Begriffs „Krieg“ an: Seine Definition zielt auf langwierige, gewaltsame Konflikte von Menschengruppen und ermöglicht dabei sowohl die Behandlung von Bürgerkriegen in El Salvador, Nordirland und Syrien, Angriffskriege wie den Irakrieg, aber auch Bandenkriege unter Drogenkartellen oder Hooliganismus britischer Fußballfans. Der zweite Abschnitt „Wege zum Frieden“ stellt dieser Problemanalyse Beispiele der Konfliktlösung gegenüber und erklärt Faktoren, welche die friedliche Austragung von Konflikten oder gar deren Beilegung fördern und langfristig stabilisieren können. Die Bandbreite reicht dabei von Interdependenz wirtschaftlicher, politischer oder privater Kontakte über Gewaltenteilung bis zu Interventionen. Blattmans Perspektive ist dabei durchwegs differenziert und pragmatisch, sein Tonfall zuversichtlich. Diese Überzeugung speist sich nicht zuletzt aus den verhältnismäßig friedlichen und fortschrittlichen Jahrzehnten nach 1945, in denen sich Demokratie, Frieden und wirtschaftliches Wachstum in vielen Ländern konsolidiert hätten: „Der Motor für Stabilität und Wohlstand war interne Rivalität, die manchmal gewaltsam, aber oft friedlich ausgetragen wurde.