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Trotzdem sprechen


Ein intellektueller Paukenschlag! Eine Intervention in Zeiten zunehmender Entzweiung.

Cover des Buches
  • Buch
  • Mirjam Zadoff et al. (Hrsg.)
  • Ullstein, 2024. - 224 Seiten

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mitsamt der Verschleppung hunderter Geiseln sowie der Kriegsführung als israelischer Reaktion darauf werden entsprechende Diskurse – nicht nur in Deutschland – massiv polarisiert geführt und gleichen Stellvertreter-Kriegen, die langjährige Freundschaften beenden und differente Meinungen zum Feind machen. So konstatiert Nazif Musharbash, Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, das Fehlen differenzierter Positionen und bedachter Worte: „Deutsche Juden sollen sich für die Regierungspolitik Israels, Palästinenser für den Angriff der Hamas mitverantworten, und Muslime werden für die politische Instrumentalisierung ihrer Religion durch Menschen, mit denen sie nichts zu tun haben, in Haftung genommen. Der Hamas-Angriff und die israelische Reaktion darauf haben die deutsche Politik und Gesellschaft derart vereinnahmt, dass ein jeder meint, sich positionieren zu müssen. Wobei verrückterweise eine Entweder-oder-Haltung erwartet wird. Als wäre es unmöglich oder gar unlogisch, gegen Terror und das Massaker und gleichzeitig gegen das Inkaufnehmen viel zu vieler ziviler Kriegsopfer zu sein!“ Traurige Attraktivität gewinnt angesichts dieser Konfrontierung die Option des Wegsehens, Schweigens, Verweigerns. „Trotzdem sprechen“ fordert der vorliegende Band ein, ohne dies bereits als Universalrezept zu verkaufen: „Dieser Band kommt weder zur rechten Zeit, noch hat er Lösungen parat.“ In 17 Beiträgen denken Personen mit unterschiedlichen Hintergründen, Professionen und Positionen über den Konflikt und seine Auswirkungen nach. Die Bandbreite reicht von Essays über lyrische Zeugnisse bis hin zu dialogischen Gesprächen, verhandelt werden politische wie individuelle Handlungsoptionen, Traumata und Ängste. Dabei werden auch Brücken zu Diskursen gesellschaftlicher Erinnerung, zu Holocaust bzw. Shoah und gesellschaftlichen Machtverhältnissen wie Rassismen geschlagen, stets fühlen sich die Verfasser_innen einem humanistischen Imperativ verpflichtet und versuchen, differenziert und ausgewogen über schwer in Worte zu Fassendes zu sprechen. „Trotzdem sprechen“ liefert insofern keine Antworten und Entscheidungshilfen, vielmehr ermöglicht der Band die Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven und reflektiert jene Widersprüchlichkeiten, die eine Gesellschaft auszuhalten verpflichtet ist.