Nachhaltige Entwicklung und globale Ungleichheit
Eine wissenspolitologische Studie über die Entwicklungsagenda der Vereinten Nationen
- Buch
- Denk, Albert
- Nomos, 2023. - 320 Seiten
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen mit ihren 17 Entwicklungszielen (SDGs) wird vielfach nur affirmativ reproduziert und als erstrebenswertes Ideal betrachtet, häufig erfolgt noch der Verweis auf die vorangegangene Agenda der Millenium Development Goals (MDG.). Insbesondere zum Verhandlungsprozess würden nur anekdotische und selektive Veröffentlichungen vorliegen, eine systematische Rekonstruktion und Analyse der Wissensgenerierung ist insofern ebenjenes Forschungsdesiderat, das Albert Denk mit seiner Dissertation erfüllen möchte. Er wählt einen wissenspolitologischen Ansatz, um die „zugrundeliegenden Machtkonfigurationen sowie Wissensformen in der Genese entwicklungspolitischer Zielformulierungen“ herauszuarbeiten. Dabei zeigt er unter anderem auf, dass mit den in der Agenda 2030 zentralen Konzepten „Staat“, „Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“ bereits problematische Vorannahmen, koloniale Deutungsmuster und asymmetrische Machtverhältnisse einhergehen. Empirisch wird der Forschungsgegenstand auf Grundlage der Verhandlungsprotokolle, einer Analyse der beteiligten Personen und der Auswertung durchgeführter Expert_innen-Interviews bearbeitet. So konstatiert Denk etwa eklatante Ungleichheiten in Bezug auf Geschlecht, Bildung und Herkunft der beteiligten Personen. Darüber hinaus zeigt er zentrale Widersprüchlichkeiten auf, die sich nicht nur im Verhandlungsprozess und schließlich in der beschlossenen Agenda manifestierten, sondern auch in den später durchgeführten Interviews präsent sind: „Hierbei handelt es sich um eine Aufrechterhaltung nicht-nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster, einer Legitimierung von Wirtschaftswachstum durch Armutsbekämpfung, einer Zweiteilung der Weltgesellschaft und einer hegemonialen Maskulinität. In allen vier Aspekten finden sich dieselben Antwortmuster der Rechtfertigung, Schuldzuweisung und Entdramatisierung, mit denen letztendlich eine Legitimierung des Status Quo durch die Beteiligten stattfindet.“ Im Anschluss an die Identifikation fundamentaler Defizite formuliert Denk auch transformative Potenziale, die etwa auf niederschwelligen Verhandlungszugang, egalitäre Repräsentation oder eine Dekonstruktion scheinbarer Selbstverständlichkeiten wie die Wachstumslogik oder den kolonial geprägten Entwicklungsbegriff abstellen. Anschaulich zeichnet Denk in seiner Studie nach, wie bestimmte Wissensformen und Vorstellungen in einer globalen Agenda hegemonial wurden und globale Machtasymmetrien fortschreiben.