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Bauernsterben


Wie die globale Agrarindustrie unseren Planeten beherrscht

Cover des Buches
  • Buch
  • Grill, Bartholomäus
  • Siedler, 2023. - 280 Seiten

Als Bartholomäus Grill in der Nachkriegszeit auf einem Bauernhof aufwuchs, sei die deutsche Landwirtschaft noch von kleinbäuerlichen Strukturen und Prinzipien der Kreislaufwirtschaft geprägt gewesen. Wenn er nun etwa sechs Jahrzehnte später den Alltag auf den Äckern beobachtet, fühlt er sich an kriegsähnliche Zustände erinnert und skizziert die Problemlage des Krieges gegen Natur und Mensch in entsprechend martialischen Metaphern: „Der Krieg wird gelenkt durch die Feldherren des Agrar- und Nahrungsmittelsektors; die Rüstungsgüter liefern Chemie-, Pharma- und Saatgutkonzerne; für die Propaganda sind Landwirtschaftspolitiker, Funktionäre der Bauernverbände und Lobbyisten zuständig. In der Etappe marschieren die Finanzbataillone. Die konventionellen Landwirte bilden das Heer der Fußsoldaten. Ihre Waffen: fossile Energie, tonnenschweres Gerät, Kunstdünger, Pestizide, Kraftfutter, Antibiotika, Wachstumshormone. Ihre Schlachtfelder: bereinigte Fluren, Monokulturen, Agrarsteppen, Mastfabriken. Sie belasten das Klima, beschleunigen den Artenschwund, laugen die Böden aus, vergiften das Wasser, quälen die Tiere – angeblich zum Wohl der Allgemeinheit. Die Folgen ihres Handelns, kümmern sie in der Regel nicht, im besten Falle sind sie sich ihrer nicht bewusst.“ Die Gegenwart sei das Anthropozän, in dem die moderne Agrarindustrie einer der wesentlichsten Treiber der Klimakrise darstelle, globale Ungleichheiten schüre, Ernährungssouveränität untergrabe und die Biodiversität des Planeten dezimiere. Grills Band „Bauernsterben“ möchte „ein paar ausgewählte Parzellen“ dieses weiten Problemfelds beackern: Zu diesen gehören etwa die EU-Agrarpolitik, vom Finanzkapitalismus befeuerter Landraub, Dilemmata der Agrotreibstoffe, Saatgutmonopole, Auswirkungen des Fleischkonsums oder die Vernichtung von Lebensmitteln. Seine Reportagen führen ihn auf Plantagen in Brasilien, zu Kleinbäuer_innen in unterschiedlichen Regionen Afrikas, in die Hauptquartiere großer Konzerne und auf riesige Landwirtschaftsmessen. Deutlich werden in dieser Zusammenstellung von Anekdotischem und Analysen die komplexen Zusammenhänge, in denen auch entwicklungspolitische Akteure und Praktiken eine große Rolle spielen. „Bauernsterben“ ist jedoch nicht nur ein erschütterndes Panorama der globalen Problemlagen, sondern bezieht auch Alternativen und widerständische Bewegungen – etwa von Kleinbäuer_innen auf den Philippinen – in seine Geschichte ein. Abschließend fordert Grill ein fundamentales Umdenken im Sinne einer Agrarwende ein, die Elemente der Subsistenz- sowie Kreislaufwirtschaft enthält, zur Achtsamkeit gegenüber den natürlichen Ressourcen zurückkehrt und sich vom stetigen Wachstumszwang befreit.