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Moralische Ambition


Wie man aufhört, sein Talent zu vergeuden, und etwas schafft, das wirklich zählt

Cover des Buches
  • Buch
  • Bregman, Rutger
  • Rowohlt, 2024. - 331 Seiten

Gleich zu Beginn grenzt Rutger Bregman sein Vorhaben deutlich von Ratgebern und Handbüchern für eine glückliche Zukunft ab. Das vorliegende Buch sei keines, das seinen Leser_innen das Leben vereinfache – im Gegenteil: „Ein Buch, von dem Sie sich vielleicht sogar wünschen, es nie gelesen zu haben, weil Sie, wenn Sie die letzte Seite umgeblättert haben, selbst die Ärmel hochkrempeln müssen.“ Das liegt sowohl an den unbequemen Wahrheiten, die der niederländische Historiker anspricht, als auch an der appellativen und unverblümten Ansprache, mit der Bregman sein Publikum adressiert: „Nun mögen Sie denken: Alles schön und gut, aber ich arbeite von neun bis fünf, habe zwei Kinder und einen laufenden Kredit. Ich tue mein Bestes, um den Müll zu trennen und ein bisschen weniger Fleisch zu essen, aber eine »grundlegende Transformation«? Danke, aber, ähm, nein. In diesem Fall ist das Buch nicht für Sie. (…) Die meisten Menschen über dreißig ändern nur selten ihren Kurs. Wer einen Labrador, einen Tortenheber, oder einen elektrischen Rasenmäher hat, ist in aller Regel ein hoffnungsloser Fall.“ Irritation ist dabei Stilmittel als auch Vehikel der zentralen Botschaft: „Es ist nie zu spät, die eigene moralische Ambition zu steigern.

Der vorliegende Band beschränkt sich freilich nicht nur auf aufrüttelnde Appelle und Polemiken gegen „Bullshit Jobs“, Bequemlichkeit und die Vergeudung des eigenen Talents. Vielmehr illustriert Bregman seine Forderungen mit einer Fülle an Pionier_innen (etwa Katherine McCormack, Thomas Clarkson, Jassi Pannu), wissenschaftlichen Studien und visionären Ideen, die zeigen, dass radikale Veränderungen nicht nur notwendig, sondern auch möglich sind. Dabei zieht er immer wieder Verbindungen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, um aufzuzeigen, wie soziale Bewegungen, bahnbrechende Ideen und individuelle Handlungen sich mit Erfolgen in die Geschichte der Menschheit eingeschrieben haben. Gleichzeitig skizziert er auch Gelingensbedingungen moralischer Ambition, wozu er etwa Ausdauer und Bereitschaft zu unpopulären Entscheidungen zählt, aber auch auf die positive Ansteckungskraft Einzelner verweist, die andere aus der Komfortzone locken und mit der Herabsetzung deren Handlungsschwelle Kippunkte überschreiten lässt. Abgeschlossen wird „Moralische Ambition“ durch konkrete Handlungsvorschläge, die deutlich machen möchten, dass moralisches Handeln nicht nur Anspruch sein muss, sondern reale Möglichkeit ist – vorausgesetzt, man lasse sich darauf ein.