Nachhaltigkeit und Weltbeziehung

2016 hat der Soziologe Hartmut Rosa in „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ Grundlagen seiner in der Tradition der Kritischen Theorie stehenden Resonanztheorie veröffentlicht, welche breite Rezeption erfuhr. Dabei geht es Rosa um die Frage, wie sich Menschen in und in Bezug auf die Welt verorten, mit dieser sowie anderen (auch nicht-menschlichen oder kollektiven) Subjekten in Verbindung treten und welche Emotionen, Handlungen und Praktiken in diesem Zusammenhang entstehen. Gleichzeitig finden dabei auch normative Gedanken zur Ausgestaltung guten Lebens, resonanter Beziehungen und der Bewältigung von Krisen Beachtung. Yannik Gehlen erkennt in seiner vorliegenden Dissertation ein Potenzial der Resonanztheorie für die Nachhaltigkeitswissenschaften, der sich in einem „relational turn“ niederschlage: „Mit dem Begriff der Weltbeziehung lassen sich sowohl subjektive Erfahrungsmomente, als auch gesamtgesellschaftliche Strukturen, Narrative und Handlungsmuster beschreiben, die allesamt eng mit Nachhaltigkeitsthemen verwoben sind. (…) Resonanz könnte demnach als neuer Maßstab und zentrale Kontextbedingung für nachhaltige Entwicklungsprozesse dienen, weil sich darin sowohl das moderne Versprechen eines gelingenden, glücklichen und sinnerfüllten Lebens, als auch dessen potentielle Kompatibilität mit einer nachhaltigen Lebensweise vereinen.“ In „Nachhaltigkeit und Weltbeziehung“ interessiert sich Gehlen für die Verzahnung resonanztheoretischer Schlüsselkonzepte mit Ansätzen aus den Nachhaltigkeitsdiskursen, konkrete Fragen beziehen sich etwa auf Resonanz als mögliche Bedingung für Nachhaltigkeit oder die resonanztheoretische Beurteilung von Nachhaltigkeitskonzepten. Dies geschieht im Hauptteil nach einer empirischen Bestandsaufnahme gegenwärtiger Krisenphänomene, einer Typologisierung unterschiedlicher Nachhaltigkeitsdiskurse und einer Einführung in die Resonanztheorie. Die gewonnenen Erkenntnisse bzgl. resonanter Beziehungen, dem Verhältnis von Resonanz und Nachhaltigkeit sowie Nicht-Nachhaltigkeit und Entfremdung werden anschließend exemplarisch anhand zweier zentraler Handlungsfelder, nämlich Mobilität und Energie, angewandt und in Vorschläge überführt. In einem Fazit resümiert Gehlen Potenziale und Funktionen des Resonanzbegriffs und des Begriffs der „Weltbeziehungsmodi“.