Im Dezember der Wind
Roman
- Buch
- Moreno, Marvel
- Wagenbach, 2023. - 448 Seiten
Marvel Moreno erzählt aus dem Leben dreier Frauen: Dora, Catalina und Beatriz.
Sie erlaubt mit „Im Dezember der Wind“ einen tiefen Einblick in die kolumbianische Upper Class. Ihre Erzählung spannt sich von den 1940er bis in die 1960er Jahre, sie erzählt die Familiengeschichten zum Teil aber sogar zurück bis zur Kolonisierung des Landes, um die allgegenwärtige Gewalt die sie beschreibt, zu kontextualisieren.
Marvel Moreno kennt den Kontext, den sie beschreibt bestens – ist sie doch gerade in einer solchen reichen und angesehen Familie aufgewachsen. Und auch Linas Biographie – die Erzählerin der Geschichte – erinnert an Morenos eigene.
Alle Protagonistinnen heiraten, machen „gute Partien“. Ihre Ehemänner demütigen, schlagen und vergewaltigen sie. Das scheint normal zu sein, der Lauf der Dinge. Doch während die einen an der Misshandlung zerbrechen, rächen sich die anderen. Die Handlungsmacht, die in den oft perfiden Racheakten mitschwingt, lässt die Lesenden die Widerständigkeit der Protagonistinnen erleben. Nicht zuletzt geht es um weibliches Begehren, das an sich schon etwas Widerständiges ist in der kolumbianischen Oberschicht, wo sich Katholizismus und Patriarchat gegenseitig den Rücken stärken.
Marvel Morenos Roman „Im Dezember der Wind“ ist ein Gesellschaftsporträt wie Gabriel García Márquez‘ „Hundert Jahre Einsamkeit“. Er erzählt, was García Márquez beinahe gänzlich übersieht: das Leben der Frauen. Morenos Erzählung ist dicht, atmosphärisch geladen und von epochalem Charakter. Im Vergleich zu „Hundert Jahre Einsamkeit“ wurde Morenos Arbeit aber kaum gewürdigt.
Umso glücklicher schätzen wir uns, dass der Roman nun auch endlich auf Deutsch vorliegt!