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Der afrikanische Blick


unerwartete Perspektiven der Integration

Cover des Buches
  • Buch
  • Tetzlaff, Rainer
  • Brandes & Apsel, 2023. - 298 Seiten.

Der Politikwissenschaftler und Afrikanist Rainer Tetzlaff leitet den vorliegenden Band mit einer Passage aus einem paraphrasierten Interview mit dem Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah ein, in welchem dieser Erfahrungen der Flucht und des Ankommens in Europa teilt: „Es gehe als Flüchtling darum, irgendwo im Ungewissen anzukommen. Gleich sei da der Rucksack, den man mitgebracht habe aus dem Ort, den man verlassen habe. Dieser Rucksack sei vollgepackt: mit Erinnerungen, mit Liebe, Schuld, Versagen und Verrat. Wer hineingreife, bekomme Erfolg und Ohnmacht zu fassen – neben ganz Alltäglichem. Eben alles, was ein menschliches Leben ausmache.“ Um Figurationen und Perspektiven dieses menschlichen Lebens geht es Tetzlaff im Band „Der afrikanische Blick“, in der er verschiedene Quellen der Erzählung von Migration und Integration zusammenstellt. Vorab skizziert er jedoch grundlegende Zusammenhänge der Thematik, diskutiert Begrifflichkeiten wie Rassismus, Kultur oder Habitus, zählt Fluchtursachen auf und setzt sich mit Verhältnissen des Islam mit Integration auseinander. Der Hauptteil des Bandes ist jedoch als eine Art Anthologie bzw. Lesebuch konzipiert: Tetzlaff stellt autobiografische Berichte, Ausschnitte aus belletristischen Erzählungen oder Interviews nebeneinander, um verschiedene Themenkomplexe (etwa Flucht, Ankommen, Gewalt und sexuelle Unterdrückung) in ihrer Komplexität und Vielseitigkeit fassbar zu machen. Zu Wort kommen prominente Schriftsteller_innen ebenso wie Journalist_innen, Ökonom_innen oder anonyme Personen. Sie alle haben unterschiedliche kulturelle, regionale und habituelle Hintergründe, wodurch nicht bloß ein Kaleidoskop zufällig unterschiedlicher Biografien entsteht, sondern Migrationsmuster, strukturelle Integrationsbedingungen oder gesellschaftliche Potenziale deutlich werden. So macht Tetzlaffs Band deutlich, dass das Gelingen von Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und Offenheit für die Perspektive der Anderen, Bereitschaft zur Selbstreflexion und Solidarität auch auf Seiten der Aufnahmegesellschaften voraussetzt.